Green IT – Informationstechnik im Einklang mit der Umwelt nutzen

Management Summary

  • Green IT fokussiert auf den umweltverträglichen und ressourcenschonenden Einsatz von Informationstechnik über den gesamten Lebenszyklus. Zudem befasst sich das Konzept mit der Nutzung von IT für den Umweltschutz und der Ressourceneinsparungen.
  • Durch die Digitalisierung wachsen Einsatzumfang- und -tiefe von Informationstechnik in Unternehmen. In Folge wächst auch die von IT verursachte Belastung für die Umwelt.
  • Aufgrund von globaler Erwärmung, steigenden Energiepreisen sowie Hardware-Lieferengpässen gewinnt Green IT im IT-Management an Relevanz.

Was ist Green IT?

Der Begriff Green IT – auch Green Information & Communication Technology (ICT) bzw. Grüne Kommunikations- & Informationstechnik (IKT) – besitzt zwei Bedeutungen:

  • Green in der IT: Ihr Fokus liegt auf der umweltverträgliche und ressourcenschonende Verwendung von Informationstechnik über den gesamten Lebenszyklus Beispielsweise stellen Sie Dritten Ihre alten Server für die Wiederverwendung zur Verfügung.
  • Green durch die IT: Sie realisieren Umweltschutz und Ressourcenschonung mittels Ihrer Informationstechnik. Beispielsweise ersetzen Sie den Hauptteil der Dienstreisen durch Videokonferenzen.

Nachfolgend konzentrieren wir uns auf die erste Ausprägung.

Herstellung

z.B. Materialverbrauch, Schadstofferzeugung, Langlebigkeit

Betrieb

z.B. Energieverbrauch, geteilte Nutzung, Reparaturfähigkeit

Entsorgung

z.B. Recycling-Möglichkeiten, Abwärmeerzeugung, Upcycling-Potential

Weshalb wird Nachhaltigkeit in der IT wichtiger?

Mit der Digitalisierung wachsen Einsatzumfang- und -tiefe von IT in Unternehmen und Gesellschaft. In Folge benötigt IT immer mehr Ressourcen und verursacht immer mehr Umweltschäden. Drei Beispiele:

Mit Technologien wie Data Streaming, Künstliche Intelligenz (KI) oder Blockchain steigt der Energiebedarf insbesondere bei Rechenzentren. So prognostiziert das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, dass der Energiebedarf in deutschen Rechenzentren vom Jahr 2015 bis zum Jahr 2025 um mehr als 60 Prozent anwachsen wird. 2017 betrug der Stromverbrauch für IT in Deutschland rund 58,4 Terrawattstunden bzw. zwei Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Republik. Dieser Wert entspricht dem jährlichen Stromverbrauch der gesamten Schweiz.

Der globale Co2-Fußabdruck für die IT ist doppelt so hoch wie der für die Luftfahrt. Das Hasso-Plattner-Institut berichtet im Rahmen seiner clean-IT Initiative von 2 Milliarden Tonnen Co2, die weltweit durch digitale Technologien in 2019 erzeugt wurden. Die Forscher um Prof. Dr. Christoph Meinel kontrastieren diesen Pre-Corona-Pandemie-Ausstoß mit den durch den Flugverkehr hervorgerufene Co2-Belastungen von ~1 Milliarde Tonnen in 2019.

Der von der United Nations regelmäßig veröffentlichte E-waste Monitor konstatiert einen Rekord von weltweit 53.6 Mio. Tonnen Elektro-Schrott für das Jahr 2019. Innerhalb eines halben Jahrzehnts ist dieser Wert um 21 Prozent geklettert. Die Gründe liegen in der steigenden Zahl von IT-Endgeräten pro Nutzer gepaart mit kürzer werdenden Haltezeiten und einer fehlenden Möglichkeit zur Rückgabe. Bis 2030 werden jährlich 74 Mio. Tonnen electronic Waste vorausgesagt. Allein für Druckerpatronen liegt in Deutschland das E-Schrott-Volumen jährlich bei 500 Tonen.

In Zeiten globaler Erwärmung, steigenden Energiepreisen sowie Hardware-Lieferengpässen sollten Sie Green IT Maßnahmen in das Management Ihrer IT einfließen lassen. Neben dem Menschen und der Wirtschaft besitzt die Ökologie einen festen Platz bei Aufbau, Bereitstellung und Weiterentwicklung von Informationstechnik.

In welchen Anwendungsbereichen kann IT grüner werden?

Ihre IT durchläuft einen Lebensweg, den Sie im Prozess und Produkt gleichsam umwelt- und ressourcenschonend gestalten können. Einige Anregungen, plakativ unter dem Schlagwort 4R für Reduce, Repurpose, Repair und Recycle (reduzieren, zweckentfremden, reparieren, recyceln) zusammengefasst.

Herstellungsphase

  • Reduktion von Energie- und Materialverbrauch sowie Schadstoff-Emissionen und Abwärme
  • Reduktion der Schadstoffe in den IT-Produkten
  • Reduktion der Verpackung
  • Nutzung von vorhandenen Rohstoffen für Geräte (z.B. Meeresplastik)
  • Standardisierung von Komponenten, Anschlüssen und Kabeln
  • Virtualisierung von IT-Produkten
  • Langlebigkeit und Robustheit der IT-Produkte samt nachhaltigen Design 

Betriebsphase

  • Reduktion von Energieverbrauch, Abwärme, Schadstoff-Emissionen und Papierausdrucke
  • Geteilte Nutzung von IT-Produkten
  • Erhöhung Nutzungsdauer durch Wartung, Reparatur und Zweckentfremdung

Entsorgungsphase

  • Reduktion von Energieverbrauchs, Abwärme und Schadstoff-Emissionen
  • Recycling und Upcycling der IT-Produkte
Green IT

Green IT Baum: Stellhebel für einen umwelt- & ressourcenschonenden Einsatz von IT

Im Zentrum Ihrer Green IT Ansätze stehen dabei die verschiedenen Produkte. Auch hier mehrere Impulse.

  • Rechenzentren, insb. Standortwahl, Konsolidierung, Virtualisierung, Kühltechnik, Gebäudestruktur, Abschaltung, Abwärmenutzung
  • Netze, insb. energieeffiziente Netztechnologie, Standardisierungsgrad
  • Anwendungssoftware, insb. Energiefunktionen, Desktop-Virtualisierung, Programmcode, Client-Server-Architekturen,
  • Endgeräte, insb. Materialverbrauch, Modulaufbau, Energieregelung, Weiterverwendung, Mehr-Nutzer-Geräte, Abschaltung

Welche Beispiele gibt es für IT-Nachhaltigkeit?

Fujitsu lancierte 1988 ein eigenes Green IT-Programm mit der Eröffnung eines Recyclingzentrums sowie der Entwicklung neuer umweltfreundlicher IT-Produkte. Der von den Japanern 1993 herausgebrachte PC setzte neue Maßstäbe im Energieverbrauch und erhielt das Zertifikat Blauer Engel.

Apple stellte Ende 2014 alle eigenen Rechenzentren auf Ökostrom um. Seit April 2018 betreibt das Technologieunternehmen neben den Rechenzentren weltweit auch die Büros und andere eigene Einrichtungen vollständig mit erneuerbarer Energie. 2020 verkündete Apple im Nachhaltigkeitsbericht, dass jedes hauseigene Produkt bis 2030 klimaneutral sein wird.

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg beschloss im Juli 2014 die Landesstrategie Green IT 2020. Ziel der Strategie war es, den IT-induzierten Energieverbrauch im Zeitraum von 2015 bis 2020 jährlich um 2 Prozent zu senken. Außerdem sollen die Beschaffung, der Betrieb und die Entsorgung relevanter IT nachhaltiger gestaltet werden. Auf der Webseite finden Sie einen Katalog von rund 30 Green IT Maßnahmen.

Seit 2008 existiert die Green-IT-Initiative unter dem Dach des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Trotz Leistungssteigerung konnte die Bundesverwaltung den Energieverbrauch ihrer IT bis 2021 um 49 Prozent absenken. Weitere Ziele sind eine nachhaltige IT-Beschaffung.

Schließlich bieten große IT-Ausrüster wie Hewlett Packard Enterprise ihren Kunden Hardware Recycling Programme an. Server-, Datenspeicher- und Netzwerkprodukte werden weitergenutzt oder zu Recyclingmaterial für neue Hardware verarbeitet.

Wie grenzt sich Green IT zu anderen Konzepten ab?

Oft wird Green IT mit verwandten, ähnlichen oder synonymen Konzepten genannt bzw. in Bezug gesetzt. Wir bringen Ordnung in das Begriffswirrwarr und zeigen Ihnen die Schwerpunkte.

  • Clean IT – Im Fokus stehen das Bewusstsein für den durch IT verursachten CO2-Fussabdruck, Algorithmische Effizienz sowie Nachhaltigkeit ab Design. Ein Beispiel ist die Entwicklung von energieeffizienten Computerprogrammen.
  • Fair IT – Schwerpunkt sind die sozialen und ethischen Aspekte insbesondere bei der Herstellung von Informationstechnik bzw. ihren Produktstoffen. Ein Beispiel sind gesunde und angemessen honorierte Arbeitsbedingungen.
  • Green Computing – Im Zentrum liegt die ressourcenschonende Betriebsphase von Informationstechnik. Ein Beispiel ist Desktop-Virtualisierung bei denen energieeffiziente Thin Clients statt physischer PCs zum Einsatz kommen.
  • Sustainable IT – Hauptaugenmerk liegt auf Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit speziell beim Betrieb von Informationstechnik. Ein Beispiel ist die mehrjährige Nutzung von Smartphones auf Basis einer Generalüberholung (engl. Refurbishment) .

Beachten Sie: Verschiedene Quellen verwenden die Konzepte unterschiedlich. So setzt die englischsprachige Wikipedia Green IT und Green Computing gleich bzw. versteht die deutschsprachige Wikipedia unter Clean IT ein EU Projekt zur Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet.

Fazit

Mit wachsenden Stellenwert der IT wächst auch Ihre Verantwortung diese ressourcenminimierend und umweltverträglich einzusetzen. Nach zaghaften Ansätzen Ende der 1980er Jahre ist Green IT inzwischen in zahlreichen Organisationen angekommen. Sowohl Tech-Firmen als auch öffentliche Verwaltungen setzen konsequent auf Green IT Maßnahmen.

Ebenfalls interessant

Leseempfehlungen

  • BR24 Computermagazin: Vom Hürdenlauf beim Wiederbefüllen von Druckerpatronen, 06.11.2022 (letzter Abruf: 09.10.2022)
  • iX Special 01/2022: Green IT, Heise Medien GmbH & Co. KG
  • Halsey, M.: The Green IT Guide – Ten Steps Toward Sustainable and Carbon-Neutral IT Infrastructure, Apress, 2022
  • openHPI: clean-IT – Towards Sustainable Digital Technologies, Onlinekurs (letzter Abruf: 22.10.2022)
  • Rutkowski, M.: Nachhaltige IT – worauf Entscheider achten sollten (17min), Podcast (letzter Abruf: 07.01.2024)
  • Smith, B. E.: Green Computing – Tools and Techniques for Saving Energy, Money, and Resources, Routledge, 2018
  • Sundberg, N.: Sustainable IT Playbook for Technology Leaders: Design and implement sustainable IT practices and unlock sustainable business opportunities, Packt Publishing 2022
  • Zarnekow, R., Kolbe, L.: Green IT: Erkenntnisse und Best Practices aus Fallstudien, Springer Gabler 2013

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Dr. Christopher Schulz

Dr. Christopher Schulz

Business Analyst, Enterprise Architect & Projektmanager

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