Business Process Management – Geschäftsprozesse gezielt steuern und optimieren
Management Summary
- Die Unternehmensdisziplin Business Process Management (BPM) umfasst das Design, die Ausführung, die Kontrolle sowie die Optimierung von Geschäftsprozessen.
- Kernbestandteil von BPM sind der Geschäftsprozess und die Prozessrollen. Werkzeuge wie Prozesslandkarten, Prozesssteckbriefe, AKV Profile und RACI Matrizen helfen beide Elemente zu definieren, zu etablieren und zu überwachen.
- Der Nutzen eines Prozessmanagements stellt sich häufig erst mittelfristig ein. Neben der initialen Umsetzung sollte daher immer auch die nachhaltige Verankerung im Vordergrund stehen.
- Mit digitalen Technologien & Verfahren wie Process Mining, Robotic Process Automation und Big Data bleibt das Geschäftsprozessmanagement für Unternehmen aller Größen hochrelevant.
Was ist Business Process Management (BPM)?
Business Process Management, kurz BPM, umfasst das Design, die Ausführung, die Kontrolle sowie die Optimierung von Geschäftsprozessen eines Unternehmens. Übersetzen Sie den englischen Begriff einfach als Geschäftsprozessmanagement oder kürzer Prozessmanagement.
Im Scope der Disziplin liegen alle Geschäftsabläufe im Unternehmen inklusive der verantwortlichen internen und externen Akteure. Die Abbildung der Prozesse erfolgt dabei in der Regel grafisch mittels einer Prozesslandkarte, Prozesssteckbriefen bzw. Prozessmodellen. Diese Top-Down-Sichten auf die unternehmensweite Wertschöpfung sind im Idealfall für alle Mitarbeiter jederzeit einfach einsehbar.
Regelmäßig unterscheidet die Literatur zwischen einem operativen und einem strategischem Prozessmanagement.
- Operatives Prozessmanagement (OPM) – Kurz- und mittelfristige Planung, Ausführung, Überwachung und Verbesserung von Prozessen in der Hand der Fachbereiche
- Strategisches Prozessmanagement (SPM) – Ausrichtung des Prozessmanagements auf langfristige Unternehmensziele, Prüfung der Machbarkeit definierter Unternehmensziele sowie Definition von Leistungsprozessen durch eine zentrale Stelle
Young Entrepreneurs Forum: What is Business Process Management (2min)
Welche Elemente betrachtet das Geschäftsprozessmanagement?
Werfen wir kurz einen Blick auf die Hauptbestandteile des Business Process Managements: der Prozess und die verantwortlichen Rollen.
Geschäftsprozess
Definieren Sie einen Geschäftsprozess (engl. Business Process) als eine feste wiederkehrende Abfolge verbundener Aktivitäten. Ein Prozess…
- verfolgt ein operatives, taktisches oder strategisches Ziel,
- besitzt spezifische Inputs (z.B. Daten, Rohstoffe) und Outputs (z.B. Produkte, Dienstleistungen)
- nutzt Ressourcen (z.B. IT-Systeme, menschliche Arbeitsleistung),
- besteht aus strukturierten Arbeitsschritten, die stets in identischer Reihenfolge durchgeführt werden,
- affektiert eine Unternehmensrolle -einheit und
- generiert einen Nutzen für den Output-Empfänger
Mit einem Prozess transformieren Sie einen definierten Input in einen definierten Output.
Wenn Sie möchten können Sie Geschäftsprozesse einteilen. Die Betriebswirtschaftslehre unterscheidet hier zwischen:
- Leistungsprozesse (auch Kernprozesse): Erstellen aus einem Input einen an den Kundenanforderungen ausgerichteten Output
- Unterstützungsprozesse (auch Support-Prozesse): Schaffen den notwendigen Rahmen für die Leistungserbringung
- Managementprozesse (auch Steuerungsprozesse): Entscheiden, überwachen und koordinieren die Prozesse.
Zu den Leistungsprozessen eines Automobilherstellers gehören die Entwicklung, die Produktion und der Vertrieb von Fahrzeugen. Dazu führt der KFZ-Bauer Unterstützungsprozesse in der Informationstechnik oder Personalverwaltung aus. Managementprozesse führen die Prozesse.
Prozessrolle
Die in einem Geschäftsprozesse beteiligten Akteure füllen unterschiedliche Rollen aus. Geläufig ist die Differenzierung gemäß dem englischen Akronym RACI, daher:
- Verantwortlich (engl. Responsible) – setzt den Prozess aktiv um
- Rechenschaftspflicht (engl. Accountable) – steht für die Zielerreichung des Prozesses
- Konsultiert (engl. Consulted) – beeinflusst Prozessablauf und -ergebnis
- Informiert (engl. Informed) – wird über Prozessablauf und -ergebnis informiert
Fassen Sie die Rollen eines Prozesses in kompakten RACI Matrizen zusammen. Alternativ differenzieren Sie zwischen ausführenden, führenden und beratenden Prozessrollen. Ganz wichtig: Ernennen Sie immer einen Prozesseigentümer, oder neudeutsch Process Owner. Dieser steuert, überwacht, analysiert und optimiert seinen Geschäftsprozess.
Typisch für die Beschreibung von Prozessrollen sind sogenannte AKV Profile. Das deutschsprachige Akronym steht für:
- Aufgaben – Tätigkeiten einer Rolle in einem Prozess
- Kompetenzen – notwendige Fähigkeiten und Befugnisse einer Rolle für die Prozessumsetzung
- Verantwortung – Haftbarkeit einer für die Umsetzung bzw. das Ergebnis des Prozesses
Im Idealfall sind alle drei Komponenten klar und konsistent definiert und stehen im Gleichgewicht. Gleichgewicht bedeutet, dass die Kompetenzen und die Verantwortung einer Rolle ausreichen, um die gestellten Aufgaben erfüllen zu können. Andersherum muss die Rolle auch die Aufgaben, für welche Sie Verantwortung trägt, realisieren können und dürfen. Die Online Enzyklopädie Wikipedia spricht hier vom Kongruenzprinzip der Organisation.
„Wer die Prozesse im Unternehmen nicht beherrscht, beherrscht das ganze Unternehmen nicht.“
– William Edwards Deming, US-amerikanischer Physiker, Statistiker Pionier des Qualitätsmanagements
Worin besteht der Nutzen eines Prozessmanagements?
Business Process Management ist nie ein Selbstzweck. Verknüpfen Sie die Disziplin immer mit Zielen und schaffen Sie damit in vielen Unternehmensfeldern einen Mehrwert.
- Transparenz über die bestehende Prozesslandschaft, ihre Stärken und Nachteile
- Ausrichtung der Geschäftsprozesse an den Zielen des Unternehmens
- Verbesserung der Prozessleistung in Umsetzung und Ergebnis
Je nach Geschäftsmodell Ihrer Organisation gestaltet sich die Ausprägung und der Wirkungsgrad des BPMs verschieden. So besitzt das Prozessmanagement bei einem Telekommunikationsdienstleister einen anderen Charakter als bei einer Kreativagentur.
Achten Sie auch auf eine zielgruppenspezifische Kommunikation des Nutzens. Eine Marketing-Abteilung sieht im Prozessmanagement andere Vorteile als der Produktionsbereich. Beugen Sie zudem dem Jo-Jo Effekt von BPM vor. Nach initialem hohen Aufwand für die Prozessmodellierung folgt die Ernüchterung, da sich der Mehrwert des Prozessmanagements erst mittelfristig einstellt.
Welche Aktivitäten beinhaltet BPM?
Wie treiben Sie nun ein strategisches bzw. operatives Business Process Management voran? Nützlich – sowie in Praxis und Theorie gleichermaßen üblich – ist der Einsatz eines BPM Lebenszyklusmodells. Nachfolgend gehen wir mit Ihnen kurz durch die Phasen. Details gerne in einschlägiger Literatur oder im Rahmen eines gemeinsamen Projektes.
Design
Auf Basis der (dokumentierten) Ist-Prozesse werden die Soll-Prozesse strukturiert, modelliert, beschrieben, vereinbart und etabliert. Nutzen Sie Modellierungsunterstützer wie das Unified Modeling Language (UML) Aktivitätsdiagramm, die Ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK), das Six Sigma SIPOC Diagramm oder die Business Process Model and Notation (BPMN) für die Dokumentation und Kommunikation der Prozesse.
Umsetzung
Manuelle, teil- oder vollständig automatisierte Ausführung der Prozesse auf Basis von Technologien wie Workflow- & Ticketing-Systeme, Robotic Process Automation aber auch Microsoft Excel.
Überwachung
Monitoring der Prozesse anhand von Kennzahlen für den Input (z.B. Rüstzeiten, Liefertermintreue), Steuerung (z.B. Ausschuss, Nacharbeit), Störungen (z.B. Krankenstand, Systemstörung), Effektivität (z.B. Fehlerhäufigkeit, Reklamationsquote) und Effizienz (z.B. Materialkosten, Bearbeitungszeit).
Analyse
Soll-Ist-Vergleich auf Basis der in der Überwachungsphase gewonnenen Daten und Technologien wie Process Mining und Big Data. Identifikation von Verbesserungspotentialen und Beschluss von Optimierungsmaßnahmen.
Optimierung
Anpassung der Geschäftsprozesse, beispielsweise durch Automatisierung, Strukturierung des Inputs oder Zusammenlegung von Aktivitäten. Die Erkenntnisse aus der Optimierung fließen in die Design Phase ein. Der Lebenszyklus schließt sich, Ihre Geschäftsprozesse verbessern sich kontinuierlich.
Bevorzugen Sie kurze BPM Sprints von 2 bis 4 Wochen in denen die fünf Phasen Bereich für Bereich durchlaufen werden. Erhöhen Sie damit die Transparenz und Motivation der verantwortlichen und beteiligten Kollegen. Setzen Sie zudem auf BPM Communities, in denen standort- und abteilungsgreifend Prozessmanagementknowhow und -erfahrungen ausgetauscht werden. Ein BPM Process Summit, Trainings und Newsletter sichern die Nachhaltigkeit Ihrer Prozessinitiativen ab.
Design
Modellierung, Beschluss und Kommuninkation
Umsetzung
Manuell, teil- oder vollständig automatisiert
Überwachung
Input, Steuerung, Störungen, Effektivität und Effizienz
Analyse
Soll-Ist-Vergleich, Verbesserungspotentialen und Optimierungsmaßnahmen
Optimierung
Automatisierung, Strukturierung und Zusammenlegen
Fazit
„Wer macht was, wann, wie und womit?“ lautet eine zentrale Frage, die das Business Processs Management für Sie beantwortet. Mit BPM gestalten, steuern und verbessern Sie Ihre Geschäftsprozesse – und das kontinuierlich.
Das Thema ist kein Neues – in Zeiten von Robotic Process Automation, Process Mining und Prozess-Compliance für Kleinbetrieb bis Konzern jedoch brandaktuell.
Inhalte: Tobias Smuda, Text: Christopher Schulz
Leseempfehlungen
- Champy, J., Hammer, M.: Reengineering the Corporation: A Manifesto for Business Revolution, Nicholas Brealey Publishing, 3. Auflage, 2001
- Füermann, T.: Prozessmanagement: – Kompaktes Wissen, – Konkrete Umsetzung, – Praktische Arbeitshilfen, Carl Hanser Verlag, 1. Auflage, 2014
- Komus, A, Hofmann, R.: Praxisbuch Prozessmanagement: BPM erfolgreich etablieren und nachhaltig verankern, Carl Hanser Verlag, 1. Auflage, 2018
- Sparx Systems: The Business Process Model, Whitepaper 2004 (letzter Abruf: 04.12.2020)
- Wikipedia: Prozesssmanagement (letzter Abruf: 04.12.2020)
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